Die Schulden begleichen!

Wenn die GP-Reserven erschöpft sind oder wenn im Muskel Milchsäure auftritt, sagt man, die Zelle habe eine Sauerstoffschuld aufgenommen: Diese Schuld wird also daran gemessen, welche Menge an Sauerstoff notwendig ist, um das GP-System wiederherzustellen oder die Milchsäure verschwinden zu lassen, oder – wenn man es von einer anderen Seite her betrachtet – an der Menge an Sauerstoff, die, hätte sie während der Belastung zur Verfügung gestanden, diese Schuld nicht hätte entstehen lassen. Im Grunde können wir die Erschöpfung des CPs und die Bildung von Milchsäure als eine Art Bankanleihe (Schuld) ansehen, die die Zelle aufnimmt, wenn ihr Gehalt (der Sauerstoff, der im Muskel ankommt) nicht ausreicht, um die monatlichen Ausgaben (den ATP-Verbrauch) zu decken. Im ersten Fall spricht man von einer alaktaziden, im zweiten Fall von einer laktaziden Schuld (deren Bedeutung in beiden Fällen offensichtlich ist). Beide Schulden werden beglichen, wenn genügend Sauerstoff vorhanden ist: Weil wir zum Beispiel die Muskelaktivität unterbrochen haben und der ganze eingeatmete Sauerstoff zur Begleichung der Schulden verwendet werden kann (deshalb keuchen wir auch, wenn wir eine anstrengende Muskelarbeit vollziehen!). Eine alaktazide Schuld wird ziemlich schnell beglichen: Etwa alle dreißig Sekunden wird die Hälfte der verbliebenen Schuld abgebaut (also 50% nach dreißig Sekunden, 75% nach sechzig Sekunden, 87,5 nach neunzig Sekunden und so weiter). Die laktazide Schuld dagegen halbiert sich alle fünfzehn Minuten. es braucht daher ein paar Stunden für einen vollständigen Ausgleich. Was die laktazide Schuld betrifft, muss man sagen, dass die Durchblutung die Milchsäure, die sich nach und nach bildet, teilweise mit sich nimmt und  sie in allen anderen Muskeln verteilt. Auf diese Art und Weise kann die lokale Konzentration der Milchsäure (die für das Gefühl der Ermüdung und, wenn sie eine gewisse Schwelle überschreitet, für die Unterbrechung der Arbeit verantwortlich ist) relativ niedrig bleiben und der Muskel kann mehr arbeiten, als man erwartet hätte. Im Falle einer Anstrengung, bei der, wie beispielsweise im Sportrudern, eigentlich alle Muskeln gleichzeitig eingehend beansprucht werden, kommt es nicht zu diesem Verdünnungsvorgang.Rufen wir uns ins Gedächtnis zurück, dass auch die Gesamtmenge der Milchsäure im Körper das Auftreten der Erschöpfung und, ab einem bestimmten Wert, das Unterbrechen der Tätigkeit verursacht. Gut! Was uns jetzt noch fehlt, um den Diskurs über die Energiemechanismen, die bei Muskelarbeit zum Einsatz kommen, zu beenden, sind einige praktische Beispiele von Muskelaktivität, die es uns möglich machen, abzuschätzen, wie die verschiedenen Mechanismen sich ineinander flechten und miteinander interagieren. Dieses Wissen wird uns umfassende Kontrolle über unsere Tätigkeiten geben und auch über die Möglichkeit, sie zu optimieren. Indes erinnere ich euch, dass wir ab hierdamit begonnen haben, uns mit den energetischen Mechanismen der Muskeln zu beschäftigen.

ins Deutsche übersetzt von Elisabeth Becker
Bild mit freundlicher Genehmigung von albechecorre.blogspot.com
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