Aufwärmen: Motorische Schemata, Erleichterung und Hemmung

Für technische Gesti von gehobener Komplexität (Laufen ist mit Sicherheit komplexer als der Tritt in die Pedale und Judo (und generell die nicht-zyklischen Gesti) ist es noch mehr) ist ein Aspekt, der unbedingt auftaucht, der neuromuskulär-koordinative. Es hat sich gezeigt, dass die Flüssigkeit in der Ausführung eines komplexen Gestus, nach und nach indem wir ihn wiederholen, im Laufe der Minuten ansteigt. Es stimmt übrigens, dass es einen großen Freiraum für Subjektivität gibt, um sowohl die Komplexität als auch die Verbesserungskurve zu interpretieren: Der Unterschied tritt vor allem dann zu Tage, wenn es für einen komplexen Gestus auch einer großen Muskelbelastung bedarf: In diesem Fall wird der Gestus flüssiger, die Muskelanstrengung wird kleiner, die Bewegungen werden wesentlicher, die subjektive Empfindung der gesamten Mühe nimmt ab; es handelt sich hierbei um das große Gefallen des Erinnerns und auch um die Erinnerung an das Gefallen. Die Vorstellung einer großen Muskelbelastung muss uns nicht unbedingt an eine massive Leistungsexplosion oder an einen unermüdlichen Ausdruck beständiger Stärke denken lassen: Es kann sich dabei auch um die Belastung des Musikers handeln, der sich anschickt, ein anspruchsvolles Stück zu spielen. Tatsächlich sind Musiker unter den Performern, die mehr als alle anderen Nutzen aus einem guten Warming-up ziehen können. Die offensichtlichen Verbesserungen des technischen Gestus während des Aufwärmens verdanken wir dem Abruf von Erinnerungen an Bewegungen, die wir uns durch Übung angeeignet haben: diese Erinnerungen nennt man motorische Schemata. Die Verbesserung geht parallel mit zwei neuromotorischen Mechanismen einher, die für jede Art Performance grundlegend sind:

  • die neuromuskuläre Inhibition, die den Muskeln die Elektrizität entzieht, deren Kontraktion sich unnütz – oder beschränkend – auf den technischen Gestus auswirkt;
  • die neuromuskuläre Erleichterung, die hingegen die Erregungsschwelle der Muskeln nach und nach absenkt, sowie diese sich aufwärmen, und damit also ihre Kontraktion bei niedrigerer neurologischer Aktivität ermöglichen.

Das spezifische Aufwärmen hilft dem Sportler in der Regel, zur richtigen mentalen Einstellung zu kommen, die er für den Wettkampf braucht. Für die Sportarten, in denen ein starker Kampfgeist verlangt wird, wie zum Beispiel beim Combat-Sport, darf nicht versäumt werden, die optimale agressive Aufladung zu erzielen, die es zum Beispiel ermöglicht, den Schmerz oder die Frustration bei Schlägen des Gegners auszuhalten, ohne dass die eigene Entschlossenheit und Initiative geschwächt werden. Das spezifische Aufwärmen ist auch eine gute Gelegenheit dazu, die Abstimmung des Körpers zu überprüfen, auf die Muskelpartien zurückzukommen, von denen wir fühlen, dass sie noch nicht zur Anstrengung bereit sind, und sie besser aufzuwärmen. Es gibt ein optimales Zeitfenster zwischen dem Ende des Aufwärmens und der Performance, in dem der Sportler das Meiste geben kann. Es versteht sich von selbst, dass es den Organismus allmählich in den Ruhezustand zurückbringt, sich zu setzen und für mehrere Minuten unbeweglich zu bleiben, nachdem man sich aufgewärmt hat, insbesondere wenn das Klima kalt und feucht ist. Das optimale Zeitfenster ist dennoch ziemlich weit und variabel und jeder Sportler eignet sich schnell die Erfahrung und das Feingefühl an, zu verstehen, wann es für ihn günstig ist, waszu machen. Viele Sportler empfinden die Notwendigkeit einiger Minuten der Entspannung zwischen dem Ende des Aufwärmens und dem Wettkampf oder dem richtigen Training; andere hingegen bleiben praktisch bis zur letzten Sekunde in Bewegung.

ins Deutsche übersetzt von Elisabeth Becker
Bild: ein Goldfisch spielt mit dem Fish Training School-Kit
mit freundlicher Genehmigung von punto-informatico.it
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