Ich glaube, dass die Themen, die mit der Ernährung zu tun haben (und damit meine ich das, was wir selbst essen), unter den meist debattierten und umstrittensten sind. In den Ländern, in denen die Wohlstandsquote hoch ist, gleichen unsere Gedanken über das Essen einem Schlachtfeld, auf dem Gefallen und Müssen, das Gute und das Schlechte einen Krieg ohne Ende austragen, aus dem wir – unnötig, es zu sagen – normalerweise mit schlechtem Gewissen herauskommen. Der größte Teil der Individuen in der industrialisierten Welt scheint sich dem Essen gegenüber zu verhalten, als sei die Lust eine Schande und das Gefallen ein Laster; und als ob die Entscheidung, was von Mal zu Mal angebracht sei, zu essen oder zu meiden, aus der Höhe von einer Art mürrischem Gott überwacht würde, der immer bereit ist, uns auf die Finger zu schlagen, wenn wir seinen Regeln zuwiderhandeln. Die Günde für diese Problematik sind zahlreich: die Vereinfachung (Unkenntnis) der Konzepte bezüglich der menschlichen Physiologie; die Verteufelung von Gefallen und Lust; die Schwierigkeit für manche, sich (wie sie in Wirklichkeit gar nichts anderes sein können) als einzige Protagonisten und Verantwortliche für ihre Entscheidungen zu fühlen; und nicht zuletzt die Schuld- und Angstgefühle, die – besonders in bestimmten Ländern – von den Massenmedien erregt werden (Wellness- und Fitnesszeitschriften, Fernsehsendungen…); und die Moden des Augenblicks im Gesundheitsbereich, die oft lobbyistische Marketingstrategien und warenkundlichen Entscheidungen folgen, die anderswo gemacht werden. Das ist also, warum eine Zeitlang Milch zum lebensnotwendigen Nahrungsmittel wird, während es ein andermal der Joghurt ist, der unentbehrlich ist; oder uns wird auf einmal gesagt, dass „das Gehirn Zucker braucht“ (Werbung des Consorzio Di Produttori Dello Zucchero Da Cucina[1])… ich könnte einige dutzend Seiten lang so weitermachen. Diese „Sensibilisierungskampagnen“ in den industrialisierten Ländern sehen wir alle, ständig. Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass der größte Teil von dem, was wir glauben, in unserem Alltag zu wählen, normalerweise von anderen bestimmt wird: Bestimmte Nahrungsmittel kommen in bestimmten Ländern nicht an, aus präzisen gewerblichen Gründen; andere stehen zur Verfügung, doch nur aus einer bestimmten Quelle. Zu einem bestimmten Punkt kommt norwegischer Lachs auf den Markt einer bestimmten Nation und es ist unmöglich, Lachs aus dem Baltikum zu finden, auch wenn man das Doppelte bezahlen würde. Heutzutage gehört alles Soja im Handel nur drei Stämmen an, die genetisch manipuliert sind, alle anderen Sojaarten wurden von den Weltmärkten ausgeschlossen… Die Liste der Statistiken und der Beispiele wäre unendlich. Auf der anderen Seite könnte es in den Ohren dessen blasphemisch klingen, über Probleme der Überernährung zu reden, über Lebensmittelexzesse und über damit zusammenhängende Krankheiten, der an einem Ort lebt, wo das Problem darin besteht, wenigstens einmal am Tag etwas zu essen zu haben oder seine Kinder zu ernähren. Ich bin mir bewusst, dass es nicht einfach ist, auf einer Webpage Ratschläge zur Ernährung zu geben, die potenziell von überall auf der Welt gelesen wird: Die Genetik, die kulturellen Traditionen, die Gewohnheiten, die örtliche Verfügbarkeit bestimmter Nahrungsmittel, die Märkte sind alles kritische Elemente und sollten eines nach dem anderen in Betracht gezogen werden, Region für Region, indem man die Unterschiede nicht aus dem Blick verliert. Es handelt sich ganz offensichtlich um eine Aufgabe, die über das Vermögen einer einfachen Informationsseite hinausgeht. In dieser Ausgabe werde ich mich also darauf beschränken, mich auf ein kaukasisches Individuum zu beziehen, mit Gewohnheiten gleich denen, die man in Europa oder in Nordamerika finden kann, und das Zugang zu den entsprechenden Märkten hat. Es ist nicht so, als ob das, was ich schreiben werde, für Personen, die sich außerhalb der eben angegebenen Bereiche befinden überhaupt nicht nützlich sein könne: Im Gegenteil, der größte Teil der Überlegungen, die ich anstellen werde, ist wahrscheinlich auf den größten Teil der menschlichen Wesen anwendbar. Ich werde versuchen, aufzupassen und mich auf die möglichst universellsten Konzepte zu beziehen, und dann von Mal zu Mal spezifizieren, wenn sie das augenscheinlich nicht sind. Es versteht sich von selbst, dass es nicht angebracht ist, einem Inuit, der sich seit hundert Generationen ausschließlich von Fisch und Robben ernährt, die sogenannte mediterrane Diät zu empfehlen, noch einem Syrier, fünfmal pro Woche Fisch oder jeden Tag Kartoffeln zu essen. Versucht also, das, was wir hier sagen werden, cum grano salis auszuwerten, um es auf Latein zu sagen. Ihr werdet sehen, etwas Interessantes wird auf jeden Fall dabei herauskommen :)
[1][wörtl.: Vereinigung der Produzenten von Haushaltszucker; Gruppe aller italienischen Zuckerproduzenten, Monopolträger; Anm. d. Übers.]
ins Deutsche übersetzt von Elisabeth Becker Bild mit freundlicher Genehmigung von chedonna.it