Das große Rennen der schlechtesten Bauchmuskelübungen

Nach all dem, was wir im letzten Post gesehen und gesagt haben, haben wir verstanden, dass die beste Übung für die Bauchmuskeln aus einem Einrollen des Oberkörpers begleitet von einer Retroversion des Beckens besteht. Wir wissen auch, dass auf der Welt Dutzende und Aberdutzende an unterschiedlichen Übungen – mit Varianten – für diese Muskelgruppe durchgeführt werden, und dass nicht alle gleich gut getroffen und geeignet sind, insbesondere für Anfänger und für all diejenigen, die lediglich ein wenig Gymnastik machen, um sich fit zu halten. Vom physiologischen und kinetischen Gesichtspunkt aus sind sicherlich diejenigen Übungen die schlechtesten, bei denen der Oberkörper im Augenblick der größten Anstrengung über dem Becken langgestreckt bleibt, vor allem, wenn gleichzeitig auch die Oberschenkel unter dem Becken ausgestreckt sind. Diese Situation verdeutlicht sich vollkommen in der Übung mit dem Namen Anheben der gestreckten Beine auf horizontaler Bank. Schauen wir uns das genauer an.

 

Werft einen Blick auf das Bild hier seitlich. Aus dieser Position senkt der Sportler die gestreckten Beine bis in die Horizontale ab und zieht sie dann wieder hoch. Wie ihr sehen könnt, fehlen die drei Grundlagen des physiologischen Trainings des geraden Bauchmuskels in dieser Übung völlig:

  • Einrollen des Rumpfes;
  • Retroversion des Beckens;
  • Entspannung des Lenden-Darmbeinmuskels.

Tatsächlich wäre diese Übung stattdessen ausgezeichnet für den Lenden-Darmbeinmuskel, weil sie im Wesentlichen aus einer Beugung des Beckens zum Rumpf hin besteht. Es ist natürlich nicht so, als würden die Bauchmuskeln nicht angestrengt, doch werden sie nicht auf physiologisch nützliche Art trainiert. Das Sahnehäubchen dieser Bewegung besteht aus zwei ganz besonderen Perversionen:

  • wenn die Beine einmal oben sind, bestünde endlich die Möglichkeit, das Becken nach hinten zu kippen… doch die Stellung der angespannten Beine macht es beinahe unmöglich; darüber hinaus wird der Muskel an diesem Punkt der Bewegung so gut wie nicht mehr belastet, weil wir uns in einer Position befinden, in der die Schwerkraft der Retroversion nicht mehr entgegenwirkt;
  • wenn die Beine in der Horizontalen sind, berühren sie den Boden nicht (wie es der Fall wäre, wenn die Übung auf dem Boden ausgeführt werden würde) und erhöhen übermäßig die Belastung auf den Lenden-Darmbeinmuskel. Dieser Übung bescheinige ich daher kurzerhand den Preis für die uneingeschränkt schlechteste Übung für die geraden Bauchmuskeln.

Um den technischen Diskurs zu vertiefen und die Problematik noch gründlicher zu verstehen, wollen wir im Vergleich diese andere, hier links präsentierte Version der Übung analysieren: Wenn die Idee ist, die Bauchmuskeln auf einer horizontalen Bank mithilfe einer Beinbewegung zu trainieren, dann ist dies mit Sicherheit eine sehr viel bessere Art und Weise:

  • die Beine werden gebeugt, das Becken wird nach hinten gekippt und rollt sich zum Rumpf hin auf;
  • wenn die Beine in der Horizontalen sind, berühren oder streifen sie die Bank, wodurch es ermöglicht wird, die Belastung des Rückens zu reduzieren.

Um eine wirklich gute Bewegung zu bekommen, würde es ausreichen, die Beine für die gesamte Dauer der Übung gebeugt zu lassen, und die Füße in der Senkphase die Unterlagefläche berühren zu lassen (es wäre also besser, die Übung am Boden zu machen): auf diese Art würde die Belastung des Rückens auf ein Minimum reduziert. Kommen wir zur nächsten Übung, die Römischer Stuhl oder Roman Chair genannt wird. Auch in diesem Fall kommt es erst dann zum Einrollen des Rumpfes, gesetzt den Fall, der Sportler denkt daran, wenn man sich bereits in der sitzenden Position befindet, also wenn die Schwerkraft nicht mehr zum Einsatz kommt. Darüber hinaus wird die Möglichkeit, das Becken nach hinten zu kippen, von der Ebene der Bank zunichte gemacht und sowieso von der Spannung des Lenden-Darmbeinmuskels behindert, der das Becken in einer Linie mit dem Oberkörper hält. Verglichen mit der ersten Übung ist jedenfalls die Überbelastung zu Schaden der Wirbelsäule geringer, und das aus zwei Gründen:

  • das Becken lehnt an die Stützebene (es wäre schlimmer, wenn es sich in der Schwebe außerhalb der Bank befinden würde, wie es bei der Orginalversion des Geräts der Fall war, wo lediglich die Rückseite der Oberschenkel auf einem dünnen gepolsterten Streifen ruhte;
  • das Becken (was hier der schwankende Teil ist), lässt, dank des nicht exzessiven Gewichts und eines Spiels von Gelenkhebeln, den Lenden-Darmbeinmuskel weniger arbeiten.

Kurzum: Der Römische Stuhl erobert sicherlich den zweiten Platz in der besonderen Klassifizierung der am schlechtesten konzipierten Bauchmuskelübungen. Hört aber, was Arnold Schwarzenegger in einem Interview zu sagen hat: “Die meisten Bodybuilding-Champions ziehen diese Version des Anhebens des Rumpfes gegenüber allen anderen vor. Sie lässt das gesamte Abdomen arbeiten, von oben bis unten und, wenn man eine Drehung des Oberkörpers einbaut und die Seiten abwechselt, beansprucht sie auch die schrägen Bauchmuskeln. (zitiert und aus dem Italienischen übersetzt nach personaltrainer-online.net) In diesem Statement gibt es ein paar technische und physiologische Unrichtigkeiten, über die ich hinweggehen werde. Wir können nichtsdestoweniger feststellen, dass die Bedürfnisse und Erwartungen eines professionellen Athleten andere sind als die von uns Normalsterblichen. Vorausgesetzt also, dass ein Bodybuilder, wenn er auch seinen Körper bis ins letzte Detail formt, an dem Punkt ankommen kann, wo ihm die Physiologie und die Risiken für Gelenke und Muskeln egal sind, sind drei Bemerkungen nötig:

  • ein Bodybuilder ist stark und muskulös; seine stabilisierenden Muskeln sind fähig, Belastungen auszugleichen, die bei einem einfachen Fitnesstreibenden problematischer sein können;
  • ein Bodybuilder führt jeden Monat dutzende unterschiedliche Aufgaben pro Muskelgruppe aus, wodurch er sich auch eine Rotation der Belastungspunkte verschafft;
  • ein Bodybuilder weiß, wie er die Bewegung führen und die Übung aufziehen muss, und hat vollkommene Kontrolle über die Muskelkontraktion. Doch es ist nicht ratsam, das von vornherein nachzumachen – nicht ratsamer, als sich unter 200 kg auf der horizontalen Bank einzufädeln, wenn ihr nicht schon genau wisst, wie ihr da wieder rauskommt. Sich aus Notwendigkeit oder professionellem Ehrgeiz zu schaden, kann einen Sinn haben, den jeder für sich selbst abwägen muss; doch zu riskieren, sich beim Verfolgen seiner Fitness und Wellness zu schaden, ist ein inakzeptabler Widerspruch in sich, findet ihr nicht auch?

Im nächsten Post: Die Geräte zum Bauchmuskeltraining zu Hause, die im Fernsehen, auf Versandhandelswebsites und in Zeitschriften verkauft werden.

ins Deutsche übersetzt von Elisabeth Becker
Bilder mit freundlicher Genehmigung von
sexygirlabs.com
dumbbell-exercise.com
exrx.net
newformfitness.com
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